Daten, Fakten - Aufmerksamkeit!

Textfeld: Winands II - Ein Kommentar der INI

Winands II zementiert die Vergütungs-Katastrophe

27. April 2008

 

Nachdem das Ministerium für Schule und Weiterbildung in NRW (MSW) im Dezember 2006 – also nicht einmal zwei Monate nach Inkrafttreten des Absenkungstarifvertrages TV-L – dem Druck von unten nachgeben musste und alle vor dem 1.11.2006 bereits im Referendariat befindlichen KollegInnen bei späterer Einstellung im Angestelltenverhältnis pauschal zwei Entgeltstufen höher als ursprünglich vorgesehen eingruppiert wurden, wurde am 23. Februar diesen Jahres nun der Folge-Erlass veröffentlicht.

 

Der Einfachheit halber bezeichnen wir den Erlass vom 14.11.2006 als Winands I und den vom 23. Februar diesen Jahres als Winands II und benennen beide somit nach dem Autor, Staatssekretär Günter Winands (MSW), der durch seine uneinsichtige Haltung für die zukünftigen desaströsen Auswirkungen dieser Schulpolitik maßgeblich mit verantwortlich ist.

 

Unten auf dieser Seite findet ihr den Wortlaut von Winands I und Winands II. Hier folgt zunächst eine ausführliche Kommentierung seitens der „Initiative gegen die massiven Verschlechterungen für neu eingestellte LehrerInnen in NRW“ (INI).

 

Der Erlass ist lediglich eine „Richtschnur“ für die letztlich entscheidende Instanz, die jeweils für die Eingruppierung von LehrerInnen im Angestelltenverhältnis zuständige Bezirksregierung. Das muss berücksichtigt werden, wenn ihr euch möglicherweise auf Winands II berufen wollt oder wahrscheinlich sogar müsst. Zudem ist festzuhalten: Dieser Erlass gilt nun für alle im Angestelltenverhältnis eingestellten LehrerInnen in NRW!

 

In puncto „Berücksichtigung beruflicher Vorerfahrung bei der Eingruppierung in die Entgelttabelle“ ändert sich im Prinzip nichts: Weiterhin geht es in erster Linie um fachaffine oder wörtlich: dem „angestrebten Lehrerberuf dienlich(e)“ berufliche Vorerfahrung, die zu einer Höhergruppierung führen kann.

 

Oben auf Seite zwei von Winands II kommt dann an der Stelle die ganze Härte dieses Machwerks zum Tragen, an der „berücksichtigungsfähige Zeiten“ für eine mögliche Höhergruppierung im TV-L festgelegt werden und damit über bares Geld entschieden wird. Auf den Punkt gebracht, ist es fortan nicht mehr vorgesehen, durch langjährige berufliche Vorerfahrung bereits beim Berufseinstieg in die höchste Entgeltstufe 5 zu rücken. Das war im Rahmen des Erlasses Winands I noch möglich. Weiter: War es nach Winands I noch möglich, mit 10 Jahren beruflicher Vorerfahrung ein Eingangsgehalt nach höchster Entgeltstufe 5 zu bekommen, so ist nun nach Winands II mit denselben 10 Jahren Vorerfahrung nur noch Stufe 4 drin! Das ist ein weiterer Einkommensverlust von gut 450,- € brutto laut Entgelttabelle TV-L!

 

Immens wichtig ist die Passage in Absatz 2 unter „3. Personenkreis/Rückwirkung“! Demzufolge ist eine rückwirkende Anerkennung möglich. D.h., dass alle KollegInnen, die seit dem 1.11.2006 aktuell befristet oder grundsätzlich unbefristet im Angestelltenverhältnis eingestellt wurden, „berücksichtigungsfähige Zeiten“ geltend machen können. Wer also feststellt, dass er/sie nach den in Winands II definierten Regelungen in der TV-L-Entgelttabelle höher eingestuft werden kann, sollte so schnell wie möglich eine rückwirkende Höhergruppierung bei der jeweiligen Bezirksregierung beantragen.

 

Wer bei Inkrafttreten des TV-L (1.11.2006) schon im Referendariat war, der/die unterliegt weiterhin den besseren Bedingungen des Erlasses Winands I. Oder negativ formuliert: Die meisten anderen KollegInnen sehen sich nun weiteren Verschlechterungen durch Winands II gegenüber.

 

Sollte aber Winands II bessere Bedingungen auch für die oben genannte Gruppe von KollegInnen bieten, dann kann man sich auf Winands II berufen und das individuelle Entgelt erhöhen. Dazu ist es notwendig, die Regelungen bezügl. Anrechnung beruflicher Vorerfahrung, wie sie in Winands I beschrieben sind, individuell mit der Verfahrensweise in Winands II zu vergleichen.

 

Winands II bedeutet auch, dass die Anerkennung beruflicher Vorerfahrung bei der Eingruppierung in die Entgelttabelle ab sofort über der ehemals geltend gemachten Richtschnur der „BAT-Deckelung“ steht. D.h., dass alle KollegInnen über 39 dringend und un­bedingt Anträge zur Höhergruppierung nach Winands II stellen sollten. Wer z.B. bisher nur in Entgeltstufe 3 eingruppiert war, jedoch Berufserfahrung von sechs Jahren geltend machen kann, der/die kann künftig in Stufe 4 eingruppiert werden.

 

Unter dem Strich ist allerdings davon auszugehen, dass der Anteil der jüngeren (unter 35-jährigen) KollegInnen unter den LehrerInnen im Angestelltenverhältnis (nach Wegfall des Mangelfacherlasses et al) wieder zunehmen wird. Daraus folgt, dass Winands II für diese Gruppe sogenannter grundständig Studierter nun „die volle Breitseite des TV-L“ bedeutet. So hatte die INI schon geurteilt, als Winands I veröffentlicht wurde, um auf die Gefahren hinzuweisen, die „Verschlimmbesserungen nach Erlass“ bedeuten. Wer nach Winands I noch pauschal in Entgeltstufe 3 eingruppiert wurde, der/die rutscht nun bei Berufsantritt in Eingangsstufe 1 (ein Minus von 480,- € brutto laut TV-L-Entgelttabelle)!

 

Wie letztlich von der entscheidenden Instanz, der jeweils zuständigen Bezirksregierung, mit den Erlassen Winands I und Winands II sowie dem lediglich bittenden Charakter, den diese Schriftstücke haben, verfahren wird, bleibt weiterhin unvorhersagbar.

 

Beim vorletzten Treffen der Kölner Freitagsgruppe der INI kamen die 11 anwesenden KollegInnen nach eingehendem Studium des neuen MSW-Erlasses zu dem Schluss: „Winands II bestätigt uns in unserer Forderung nach beamtenäquivalenter Bezahlung!

 

Ergänzung:

1. Wer eine Antwort auf die Frage sucht, wie bei unterbrochener Tätigkeit verfahren wird, der/die lese die „Protokollerklärung zu §17“ im TV-L-Vertragswerk. (Zu beziehen bei den Verbänden und der GEW)

2. Befristete Stellen führen nicht zu einer Rückstufung auf Eingangsentgelt-Niveau bei folgender Neueinstellung.

3. Eine konkretere Analyse von „Winands 2“ und die daraus resultierenden notwendigen Handlungsmöglichkeiten werden in Kürze noch einmal detailliert zusammengestellt.

 

Nächstes Jahr steht die Tarifrunde für die Landesbeschäftigten an. All unsere Erfahrung bringt uns dazu, dass nur ein akzeptables Tarifwerk Abhilfe schaffen kann. Und dazu ist eine eingehende Vorbereitung und der Aufbau arbeitskampffähiger Strukturen nötig. Zieht eure Schlüsse! Wir meinen - jetzt erst recht - : „Go, get organized!“

 

Eure INI

Textfeld: Winands II im Wortlaut
Textfeld: Erklärung der JungeGEW Hessen zum TV-L
Textfeld: Infobrief
Textfeld: Vergleichsrechnung: Beamtenbesoldung - BAT - TV-L

 

         Beamtenbesoldung

                          

                           Bundesangestelltentarif (BAT)

                                   

                                    Tarifvertrag für Landesbeschäftigte (TV-L)

 

 

·        Seit dem 1. November 2006 ist der TV-L in Kraft, der den alten BAT im öffentlichen Dienst abgelöst hat.

 

 

·        Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass der eigentlich bis 2007 geltende sog. Mangelfacherlass vorzeitig zurückgezogen wurde.

 

 

·        Seit September 2006 organisieren ReferendarInnen und LehrerInnen gemeinsam Widerstand gegen die ihrer Ansicht nach unhaltbaren Zustände.

      

 

·        Erstes Zugeständnis seitens der Landesregierung: Im Dezember 2006 wird der sog. Winands-Erlass veröffentlicht.

 

 

·        Weitere Verschärfung der Lage: Ende Juli/Anfang August 2007 verschickt das LBV Mitteilungen, wonach in bestimmten Fällen innerhalb der Entgelttabelle rückgestuft wird. Das bedeutet Einkommensverluste von bis zu 700,-€ netto von einem Monat auf den anderen.

 

 

· Nach der Ernüchterung und Wut werden Widersprüche gegen diese Praxis eingelegt. Ergebnis:

Die Bezirksregierungen nehmen neue Einzelfallprüfungen vor und stufen wieder hoch.

 

 

Fazit: Widerstand lohnt sich. Am besten organisiert und kollektiv!

Erklärung der Jungen GEW und des Landesausschuss der Studierenden (LASS) Hessen

 

März 2008

 

Durch die aktuelle Fassung des Tarifvertrags der Länder (TV-L) ist es zu Einkommenseinbußen von durchweg 25 Prozent im Vergleich zum Bundes-Angestellten-Tarif (BAT) gekommen. Durch den Wegfall der im BAT enthaltenen Orts- und sonstigen Zuschläge werden KollegInnen noch einmal besonders benachteiligt. Auch die Deckelung bei Aufstiegen innerhalb der Entgelttabellen bedeutet eine massive Kürzung der Lebenseinkommen.

 

Die „Initiative gegen massive Verschlechterungen für neu eingestellte LehrerInnen in NRW “ und die GEW-NRW haben Verbesserungen für Referendare erkämpft (Erlasse des Ministeriums für Schule und Weiterbildung in NRW, „Winands I“ vom 15.12.2006 und „Winands II“ vom Februar 2008). Wir begrüßen diese Erfolge und erklären unsere Solidarität mit dem Kampf um weitere Verbesserungen des TV-L. Desweiteren sehen wir die Notwendigkeit der Rückkehr der Bundesländer Hessen und Berlin in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder.

 

Zur weiteren Bündelung unserer Kampfkraft sehen wir die Notwendigkeit, die Tarifverhandlungen und Kämpfe der kommunalen, Bundes- und Landesangestellten wieder gemeinsam zu führen.

 

Wir unterstützen die Kölner Erklärung vom 18. Januar 2008, weil u.a. eine bessere als die bisherige Eingruppierungspraxis dringend notwendig ist.

 

Deshalb schlagen wir den KollegInnen der GEW-Landesverbände und der anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes vor, gemäß der „Kölner Erklärung“ jetzt Maßnahmen zu ergreifen und für sofortige Verbesserungen im TV-L zu mobilisieren.

 

Beschlossen auf der gemeinsamen Klausurtagung

von LASS und junge GEW Hessen

 

Marburg, 8. März 2008

Textfeld: Bericht vom Landesangestelltentag von SchaLL

„Mitglieder, Mitglieder, Mitglieder! - Und Juristerei nur am Rande!“

 

27. April  2008

 

Am 19. April 2008 fand in Herne der „Landesangestelltentag Lehrer“ statt, zu dem die Gruppe SchaLL („Schutzgemeinschaft angestellter Lehrerinnen und Lehrer“) eingeladen hatte.

 

Auch die INI war der Einladung gefolgt und es stellte sich rasch heraus, dass es Schnittmengen in Motivation und Vorgehensweise gibt. Vormittags prägten Referate zu beispielhaften Klageverfahren bzw. der zu erwartenden niedrigen Rente ob des Absenkungstarifvertrags TV-L die mit über 50 TeilnehmerInnen gut besuchte Veranstaltung.

 

Am Nachmittag leitete dann eine bestens auf das Thema vorbereitete WDR-Moderatorin Beate Kowollik die Podiumsdiskussion ein, die mit Rechtsanwalt Mathies, einem Vertreter der Ärztevereinigung Marburger Bund, dem NRW-Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Lokführer (GdL), Frank Schmidt, Joachim Hofmann (INI), Guido Schönian (für das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“) und Jürgen Ploch von SchaLL sehr interessant besetzt war. GEW und ver.di waren der Einladung leider nicht nachgekommen.

 

Übereinstimmend waren alle darin, dass die bevorstehende Tarifrunde für die Landesangestellten im nächsten Jahr genutzt werden muss, um die nicht mehr zu ertragenden Arbeits- und Vergütungsbedingungen angestellter LehrerInnen in NRW zu verbessern. Dissens bestand bisweilen in der Frage, wie dies am besten zu erreichen sei. Kann eine GEW Verbesserungen erringen, die 2006 noch den TV-L möglich gemacht hat? Ja, meinten Hofmann, Schönian, Ploch und auch Schmidt einmütig. Aber nur, wenn die eigenen Stärken gesehen und vor allem auch genutzt werden.

 

Aus Sicht des Marburger Bundes sei hingegen eine schlagkräftige Organisation nötig, die ruhig klein sein könne. Ihr eigenes Beispiel zeige, dass dies genüge, um Forderungen durchzusetzen. Dem hielten die Vertreter von GdL und dem „Netzwerk ver.di“ entgegen, dass im Sinne einer qualifizierten Mehrheit der Mitglieder die bestehenden Strukturen genutzt werden müssten und könnten, um mit allen KollegInnen gemeinsam zu kämpfen.

 

Rechtsanwalt Mathies brachte auf die Frage nach dem Klageweg kurz und knapp auf den Punkt, was zählt: „Mitglieder, Mitglieder, Mitglieder! - Und Juristerei nur am Rande.“ Am Ende einigten sich die Vertreter von INI, SchaLL und GdL auf ein gemeinsames Arbeitstreffen, um eine landesweite Veranstaltung zur praktischen Vorbereitung auf die Tarifrunde 2009 durch-zuführen.

 

Angepeilter Termin dafür: 7. Juni 2008.